Bolivien will mit deutscher Hilfe Lithium im großen Stil am Salzsee von Uyuni fördern – hier werden die weltweit größten Vorkommen vermutet. Das Thüringer Unternehmen K-Utec soll eine große Förderanlage planen, die Lithium-Karbonat für Elektroauto-Batterien liefern soll.
Die Verträge wurden am Sonntag im Beisein von Präsident Evo Morales in Uyuni feierlich unterzeichnet. Vorstandschef Heiner Marx sagte der Deutschen Presse-Agentur, es gehe zunächst um ein Volumen von 4,5 Millionen Euro für die Planung der Anlage, mit der pro Jahr 30.000 Tonnen Lithium-Karbonat gewonnen werden sollen.
Der Salzsee ist 10.582 Quadratkilometer groß. In Erwartung einer deutlichen Zunahme der Nachfrage nach Elektroautos liegt hier großes ökonomisches Potenzial, der Preis für Lithium-Karbonat ist von rund 2500 US-Dollar (2005) auf 6400 US-Dollar (5747 Euro) pro Tonne gestiegen.
Die bolivianische Regierung will mindestens 600 Millionen Dollar (538 Millionen Euro) in Uyuni investieren. Morales sah eine Förderung, die nur mit ausländischem Know-How möglich ist, lange skeptisch. Indigene Gruppen warnten vor einer Ausbeutung wie bei den Silbervorkommen von Potosí in der Kolonialzeit durch die Spanier. Zudem ist der Salar einer der größten Touristenattraktionen – aber die Förderung soll nur auf einem Bruchteil des Salzsees erfolgen, der 3650 Meter hoch liegt.
„Für uns ist das ein großer Auftrag“, sagte Marx. Mit der Hoch- und Tiefbauplanung würden 40 bis 50 Ingenieure beschäftigt sein, in einem Jahr soll die Planung vollendet sein. Das Unternehmen, das weltweit für die salzverarbeitende Industrie Projekte plant, soll auch die Unterlagen für die Ausschreibung zum Bau der Anlage erstellen.
Das Leichtmetall wird aktuell zur Produktion der meisten in Elektroautos eingesetzten Traktionsbatterien benötigt, konkurriert aber mit anderen Materialien. Künftig könnte es zudem auch aus ermüdeten Akkus wiedergewonnen werden.
Technik-Lexikon: Lithium – das weiße Gold
Lange war Lithium ein eher unbedeutender Rohstoff. Mit Aluminium legiert macht er Flugzeugrümpfe stabil, als Abschirmung gegen zerstörerische Neutronen schützt er die Wände von Kernreaktoren. Und Lithiumsalze helfen bei Depressionen. Doch längst ist das federleichte Alkalimetall mit der Ordnungszahl 3 im Periodensystem vom Mauerblümchen unter den Rohstoffen zum begehrten weißen Gold avanciert. Weil es mit der geringsten Dichte unter den natürlichen festen Elementen punktet, gilt es sogar als strategischer Rohstoff – ähnlich wie die berühmten „Seltenen Erden“.
Dem Handy-Boom war es zu verdanken, dass Forscher die Vorteile gegenüber den auf Nickel basierenden Speichern entdeckten. Lithium Ionen-Akkus besaßen fünfmal mehr Speicherkapazität, hatten nur noch eine geringe Selbstentladung und eine deutlich längere Lebensdauer als Blei-Akkus. Eine feine Sache für Handys, Notebooks – und mit der Zeit auch E-Bikes-, E-Scooter und E-Autos. Denn Lithium ist auch der Grundstoff für jene Hochleistungsakkus, die den Nissan LEAF antreiben.
Das leichteste aller Metalle – mit einer Dichte von 0,534 g/cm ist es nur gut halb so schwer wie Wasser – ist chemisch äußerst aktiv und verbindet sich rasch mit Wasser, Luft und vielen anderen Stoffen. Das Alkalimetall hat an der Erdkruste einen Anteil von etwa 0,006 Prozent. Damit ist es nicht seltener als Zinn oder Blei. In vielen Gesteinen ist der Anteil aber so gering, dass sich ein Abbau nicht lohnt. Interessanter sind erst Vorkommen mit einem Gehalt von bis zu einem Prozent – wie man sie zum Beispiel in ausgetrockneten Salzseen findet.
Uyuni-Salzsee in Bolivien – der größte weiße Fleck der Erde
Mit einem Anteil von rund 35 Prozent verfügt Bolivien – das zur Zeit noch ärmste Land Südamerikas - über die weltweit größten Lagerstätten. Sie konzentrieren sich im Uyuni-Salzsee, dem größten weißen Fleck der Erde. Er liegt auf 3.650 Meter Höhe im Altiplano der Anden, ist 10.000 Quadratkilometer groß und sogar vom Weltall aus zu sehen. Unter seiner Salzkruste verbirgt sich ein gewaltiger, bislang noch ungehobener Schatz: eine Salzlauge, die das heißbegehrte Lithium enthält, geschätzt 5,5 Millionen Tonnen. Südamerika verfügt insgesamt über zwei Drittel der bekannten globalen Lithiumressourcen, rund 15 Millionen Tonnen. Hinter Bolivien folgen Chile mit etwa drei, Argentinien mit rund zwei Millionen und Brasilien mit 910.000 Tonnen. Das einzige Vorkommen außerhalb der Anden mit mehr als einer Million Tonnen liegt in China beziehungsweise Tibet. In drei Salzseen im Himalaya werden Ressourcen von 2,7 Millionen Tonnen vermutet.
Doch auch afghanische Fundstätten – ausgetrocknete Salzseen in der westlichen Provinz Ghazni – könnten nach Meinung von Geologen mit den bolivianischen Vorkommen mithalten. Zusammen mit neu entdeckten Eisen- und Kupfervorkommen könnte Lithium Afghanistan regelrechten Wohlstand bescheren. Und von der einseitigen Abhängigkeit des Opiumhandels befreien.
Chile Weltmarktführer, solange Bolivien seine Vorräte nicht abbaut
Doch so lange die bolivianischen und erst recht die afghanischen Vorkommen noch unangetastet bleiben, hält Chile mit über 8.000 Tonnen jährlich weiter den Löwenanteil des Lithiummarktes. Hintergrund: Der sozialistische Staatschef Evo Morales will Bolivien nicht noch einmal so ausbeuten lassen wie zur Kolonialzeit, als Silber und Gold weggeschafft wurden, ohne dass die für die Konzerne schuftenden Bolivianer daran partizipierten. Auch die Indios, auf deren traditionellem Territorium der Schatz im Silbersee liegt, sperren sich gegen den Abbau durch ausländische Firmen. Trotzdem verhandelten die japanischen Konzerne Mitsubishi und Sumitomo sowie die französische Bolloré-Gruppe schon mit der bolivianischen Regierung; zuletzt entsandte das ressourcenhungrige China Anfang 2012 ein Forschungsteam zum 390 Kilometer südlich von La Paz gelegenen Salar de Uyuni, um die Industrialisierung der Lithium-Ressourcen zu prüfen. „Wir stehen am Anfang der chinesischen Investitionen in Bolivien, eine der Möglichkeiten ist ein Projekt zum Abbau von Lithium und anderen Mineralien”, gab Botschafter Shen Liang Zhi bereits die Stoßrichtung vor. „Es gibt viele chinesische Unternehmen, die in die Lithium-Industrie investieren wollen.“
Komplizierter Abbau eines chemisch äußerst aktiven Stoffes
Auch wenn Morales am liebsten alles in der Hand einheimischer und staatlicher Investitionen belassen würde – der Kapitaleinsatz ist wohl zu hoch, um ohne Investitionen von außen starten zu können. Denn der Abbau ist alles andere als einfach: Da ist die dünne Höhenluft, die extreme UV-Strahlung und die Versorgung: „Wir haben hier keinen Strom, kein Wasser und kein Gas“ sagte Marcello Castro, Projektleiter der staatlichen Bergbaugesellschaft Combibol, in einer vom Sender 3sat produzierten Reportage mit dem Titel „Bolivien im Lithium Rausch“. Für insgesamt 13 Verdunstungsbecken muss die steinharte Salzkruste weggehobelt werden. Jedes Becken misst 300 x 800 Meter, denn Verdunsten ist der einzige Weg, das schwerlösliche Lithiumcarbonat aus der Salzlösung herauszulösen. Abdichtfolien wollen verlegt werden, Kilometer um Kilometer, damit die Lauge nicht einfach versickert.
Doch Bolivien will mit aller Macht ins internationale Lithium-Geschäft – denn schon hat sich der Weltmarktpreis für die Tonne Lithiumcarbonat binnen weniger Jahre auf rund 6.000 Dollar verdoppelt. Nach Schätzung der US-Firma A.T. Kerney soll das Nachfragevolumen von Autobatterien von 32 Millionen Dollar im Jahr 2009 auf 75 Millionen Dollar im Jahr 2020 steigen.
Die Bank Credit Suisse geht von einem Wachstum des Marktvolumens für Lithium von zehn Prozent pro Jahr aus. Eine starke Verknappung erwarten Experten nicht, auch wenn die gehorteten Vorkommen in Bolivien und anderswo erst einmal erschlossen werden müssen.
Forscher arbeiten bereits an neuen Batterietechnologien
Während der Run auf die lukrativsten Lithium-Fördergebiete im vollen Gange ist – und Umweltschützer in Argentinien bereits fallende Grundwasserspiegel beklagen - , arbeiten Forscher weltweit mit Hochdruck an neuen Speichermedien. Denn um die Energiemenge zu speichern, die dem Gehalt von 50 Kilogramm Diesel entspricht, müsste eine heutige Lithium-Ionen-Batterie fast vier Tonnen wiegen.
Eine mögliche Alterative sind Lithium-Schwefel-Akkus: Sie haben die drei- bis fünfmalige Speicherkapazität heutiger Akkus und reagieren unempfindlicher auf Temperaturschwankungen. Allerdings können sie zurzeit nur wenige 100 Mal aufgeladen werden - daher nicht vor 2020 serienreif.
Lithium-Polymer-Akkus enthalten keine flüssigen Bestandteile wie Batteriesäure und sind deswegen an jede beliebige Form anpassbar. Zu wünschen übrig lassen noch die geringe Leitfähigkeit und die schwache Leistung bei Kälte. Energiedichte und Lebensdauer sollen bis zur Marktreife (2020-2025) den Werten von Lithium-Ionen-Akkus entsprechen.
Besonders großes Potenzial wird den Lithium-Luft-Akkus nachgesagt. In der Tat locken sie mit einer fünf- bis zehnmal höheren Dichte. Bisher können diese Akkus aber nur wenige Male wieder neu aufgeladen werden und vertragen auch keine Temperaturschwankungen. Folge: Es kann noch zehn bis 20 Jahre dauern, bis sie Einzug in Elektrofahrzeuge halten.
Source:
(Material der dpa)
http://www.nissan-e-mobility.com/index.php?pg=136