Wer stöbert nicht gern in Geschäften? Einkaufen und die damit verbundenen Besuche in Ladenlokalen gehören zu den beliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen. Für den stationären Handel lohnt es sich also zusätzlich, digitale Kaufanreize anzubieten, um aus Besuchern auch Käufer zu machen. Think Tank 2b Ahead hat sich in seiner Trendstudie mit der Zukunft des stationären Handels befasst. Wir fassen die wichtigsten Trendfelder für den Handel zusammen.
Der Einsatz von digitalen Technologien am Point of Sale hat in den letzten Jahren enorm zugenommen. Nicht nur die Kunden selbst nutzen vermehrt ihr Smartphone im Geschäft, um zum Beispiel Preise zu vergleichen. Auch die Händler wollen ihren Besuchern zunehmend digitale Mehrwerte bieten, um das Shopping-Erlebnis im Store zu vervollständigen. Ganzheitliche Multichannel-Ansätze rücken hier in den Vordergrund. Die Verschmelzung von stationären und interaktiven Händlern ist somit einer der spannendsten Themen der Retail Revolution. Zum anderen macht das Social Web auch vor der Retail-Welt nicht Halt. Hier wird besonders das zunehmende Interaktionsbedürfnis des Kunden deutlich.
Die relevantesten Trendfelder laut der Studie „Die Zukunft des stationären Handels” fassen wir im Folgenden für Sie zusammen:
Cross-Channel-Commerce: Für den Handel wird es in Zukunft ausschlaggebend sein alle Vertriebskanäle miteinander zu verknüpfen. Ob Online-Shop, App, PoS oder die Print-Werbung im Hochglanzmagazin: Kunden erwarten ein einheitliches Verkaufsbild und folgen Ihrer Lieblingsmarke auf diversen Kanälen.
Individuelle Kundenansprache: Nicht nur, dass Kunden immer häufiger über mobile Endgeräte abgeholt werden müssen – nein, Händler setzen in Zukunft auf eine personalisierte Kundenansprache. Um dies zu ermöglichen, benötigen Retailer Kundendaten und Nutzungsgewohnheiten, die sie datenschutzkonform auswerten können. So lassen sich individuelle Angebote erstellen, personalisierte Newsletter verschicken oder kleine Goodies zum Kundengeburtstag zustellen.
iBeacons für den Handel: Über kleine Funksender, die sogenannten iBeacons, im Ladengeschäft können Informationen auch ohne Internetverbindung an Smartphones von Kunden geschickt werden. Die Londoner Regent Street wird beispielsweise mit Beacons ausgestattet, sodass Passanten über eine entsprechende App Angebote der Stores erhalten. iBeacons machen das Shopping in den kommenden Jahren wieder zum Erlebnis.
E-Commerce, lange ein rotes Tuch für den stationären Handel, wird zunehmend als Schlüssel für den langfristigen Erfolg eingesetzt. Virtuelle Einkaufswelten inszenieren Produkte auf emotionale Weise und verknüpfen Online- und Offline-Welt. Wie Sie diese umsetzen, erklärt Mathias Wolff, Director eCommerce TWT, in der folgenden Ausgabe von TWT TV:
Gedämpftes, leicht gelbliches Licht, dazu beruhigende Musik: Wer den „Inspiration Store“ im Bremer Einkaufszentrum Weserpark betritt, fühlt sich gleich entspannt. Zwar hängen riesige Bildschirme an den Wänden, aber dazwischen liegen klassische Waren wie Töpfe, Handtücher, Lampenschirme oder Besteckkästen auf modischen Möbeln. Auf den ersten Blick sieht das Geschäft nicht nach Zukunft aus.
Keine große Aufregung: Der Inspiration Store liegt an einem der Eingänge des Einkaufszentrums Weserpark im Bremer Osten. Über dem Eingang hängt ein schlichtes weißes Schild mit den Worten „The Inspiration Store“. Die Partner Ebay, PayPal und Metro drängen sich nicht in den Vordergrund. Das machte es vielen Kunden schwer, überhaupt zu verstehen, wo sie sich befinden. Mitarbeiter in weißen Polo-Shirts erklären ihnen dann geduldig, worum es beim Einkaufen der Zukunft geht.
Tradition steckt in der Krise
Klar ist: Wer den Niedergang des Einzelhandels nicht nur beklagen will, braucht frische Ideen. Weitermachen wie bisher reicht nicht – Kaufhäuser wie Karstadt und Galeria Kaufhof machen Verluste und haben heute nur noch einen Marktanteil am Einzelhandel von 2,5 Prozent.
Doch nicht nur die Großen schwächeln. Der Marktanteil traditioneller Fachgeschäfte lag im Jahr 2000 noch bei fast 30 Prozent, heute sind es unter 20 Prozent – Tendenz sinkend. Dagegen ist der Marktanteil des Online-Handels zwischen 2009 und 2013 von 7,3 auf 11,2 Prozent gewachsen. Im vergangenen Jahr erwirtschafteten Internetläden 34,3 Milliarden Euro. Experten rechnen damit, dass sich der Umsatz bis 2019 verdreifacht – auf Kosten der Geschäfte in Städten.
Viele Artikel, wenig Raum: 200 Quadratmeter sind als Grundfläche für ein Haus richtig groß, für ein Geschäft im Einkaufszentrum aber nicht gerade riesig. Deshalb liegt jeweils nur ein Exemplar der etwa 300 vorrätigen Artikel aus. So können Ebay, PayPal und Metro viele Produkte auf der relativ kleinen Fläche zeigen. Foto: Computer Bild
Die Ziele von Ebay, PayPal und Metro
Aber wenn die Online-Shops auf der Siegerstraße sind, warum kooperiert dann der Internetriese Ebay mit der Metro-Gruppe, die mit einem Umsatz von mehr als 30 Milliarden Euro im Jahr 2012 Marktführer in Deutschland ist? Die Antwort: Beide wollen raus aus den Nischen, in denen sie groß geworden sind.
Ebay ist schon lange nicht mehr das Auktionshaus für gebrauchte Schuhe und will mit großen Partnern wie Toys"R"Us aus der Flohmarkt-Ecke raus. Die Metro-Gruppe wiederum liegt zwar im stationären Handel ganz weit vorne, tut sich mit ihren Marken Media Markt und Saturn aber zunehmend schwer gegen Konkurrenten wie Amazon und Otto.
Vor Ort im Netz: Über einen riesigen Touchscreen im Shop kaufen Kunden die ausgestellte Ware online. Wenn also der Toaster nur in Weiß im Laden steht, gibt es hier weitere Farbvarianten und genaue Produktbeschreibungen. Wer über das Display kaufen will, scannt einen QR-Code mit dem Smartphone und zahlt über PayPalFoto: Computer Bild
Im Sitzen einkaufen: „Wer online einkauft, macht das bequem im Sitzen“, sagt Torsten Steinfels, Senior Project Manager bei Metro Properties. Deshalb stehen am Rand der Verkaufsfläche lange Sitzbänke mit vielen Touchscreens. Hier dürfen die Kunden in aller Ruhe durch die gezeigten Produkte stöbern und direkt kaufenFoto: Computer Bild
Das Beste aus beiden Welten
Dr. Stephan Zoll, Vice President Ebay Deutschland, erklärt die Partnerschaft so: „Der Schlüssel zur Zukunft des Handels ist eine gezielte Vernetzung aller Vertriebskanäle.“ Dazu gehören eben auch Geschäfte vor Ort, denn Kunden wollen nach wie vor Produkte vor dem Kauf anfassen, sie aus- oder anprobieren. Das spüren Online-Händler wie Zalando, der wegen einer Rücksendequote von 50 Prozent rote Zahlen schreibt.
Im Inspiration Store probieren Kunden die Produkte deshalb aus, kaufen sie dann aber online und lassen sie sich nach Hause schicken. Beim Kauf kommen das Smartphone und der dritte Partner PayPal ins Spiel: An jedem ausgestellten Produkt im Shop gibt es ein digitales Preisschild mit QR-Code. Diesen scannt der Kunde mit seinem Handy und bezahlt bei PayPal. Danach bekommt er die Ware nach Hause geliefert.
Das Smartphone im Einsatz
Als clevere Erweiterung dieses Konzepts dienen die Touchscreens an den Wänden des rund 200 Quadratmeter großen Ladens. Hier findet der Kunde die ausgestellten Produkte in weiteren Farbvarianten, kann ebenfalls via QR-Code bezahlen und die Ware wie im Online-Shop zwei Wochen lang umtauschen.
Wer seine Einkäufe gleich mitnehmen möchte, zahlt an der Kasse. Auch das klappt per Smartphone – ein Vorgeschmack auf die bargeldlose Zukunft
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