Die als Smart Home bekannte Technik, um auf dem Weg der Digitalisierung die Wohnqualität zu erhöhen, hat in Deutschland einen schweren Stand. Bis 2020 wird eine nur vergleichsweise geringe Marktdurchdringung erwartet.

Bis zum Jahr 2020 wird die Zahl der Smart-Home-Haushalte in Deutschland von zur Zeit 300.000 auf 2,4 Millionen steigen. Das prognostiziert der Statista Digital Market Outlook. Angesichts von etwa 40 Millionen Haushalten in der Bundesrepublik bleibt die Marktdurchdringung von Smart-Home-Techniken auf absehbare Zeit überschaubar. Deutlich weiter ist die Heimvernetzung beispielsweise in den USA, wo bis 2020 rund 18,6 Prozent aller Haushalte Smart Homes sein werden.

Nach der Definition des Digital Market Outlook von Statista umfasst Smart Home den Verkauf von vernetzten Geräten zur Hausautomatisierung an private Endnutzer (B2C) und die zugehörigen Dienstleistungen. Teil der Betrachtung sind Geräte zur Steuerung, Kontrolle und Regelung diverser Funktionen im Privathaushalt ein, die über ein Gateway (zentrale Steuerungseinheit) direkt mit dem Internet verbunden sind.

Häuslebauer überlegen sich derzeit genau, welche Extras sie in ihrem neuen Heim benötigen und welche nicht. Bezüglich eines Themas erscheint es allerdings derzeit nur wenige Diskussionen zu geben. Das intelligente Haus - auf Neudeutsch Smart Home - bietet Immobilienbesitzern und solchen, die es noch werden möchten, flexible Möglichkeiten, das Haus wirklich zur eigenen Wohnstätte zu machen. Von Küche bis Beleuchtung kann so ziemlich jede energieverzehrende Einrichtung im eigenen Zuhause den individuellen Bedürfnissen der Bewohner angepasst werden. Gesteuert wird dies - selbstverständlich - zum Beispiel über das eigene Smartphone. Effizienz und Komfort sind die Gründe, weswegen dem Smart Home die Immobilienzukunft gehört.

Vor einigen Jahren noch als "Öko-Gedusel" verschrien, geht die Energiewende heutzutage jeden an. Wie wichtig der Erhalt unserer Umwelt und ihrer natürlichen Ressourcen ist, das dürfte auch aufgrund der permanenten Medienpräsenz von Umweltthemen jedem geläufig sein. Während private wie gewerbliche Bauherren sich darum bemühen, ihre individuelle Energienutzung effizienter zu gestalten, buhlen Unternehmen um die Gunst der Kunden. Denn aktuell ist Smart-Home-Technik teuer und der "Digitale Lifestyle" ist auch aufgrund inkompatibler Produktvielfalt unter den Anbietern nur schwer zu realisieren. Auf der diesjährigen IFA war das Themenfeld Smart Home allgegenwärtig. Miele präsentierte beispielsweise die "Intelligente Waschmaschine". Über eine Smartphone-App können Besitzer der Waschmaschine von überall aus den Füllstand des Waschmittels, welches in integrierten Behältern aufbewahrt wird, überprüfen und bei Bedarf direkt neubestellen. Unter dem Motto "Smile for a coffee" präsentierte die digitalSTROM AG eine neue Technik, mit der mittels einer 3D-Tiefenkamera über ein Lächeln ein Kaffee bei der hauseigenen Kaffeemaschine bestellt werden kann.

Trotz der beeindruckenden Technik erschließt sich derzeit noch nicht der Sinn und Zweck mancher Anwendung. Ein weiteres Problem ist derzeit weiter, dass die vielen Anbieter von Smart-Home-Technik stets auf ihre eigenen Projekte fokussiert sind. Wer beispielsweise an ein zentrales Device Management denkt, worüber sich sämtliche Geräte zentral administrativ verwalten und steuern lassen, stößt schnell an die Grenzen der Realisierbarkeit. Auch wenn eine Marktprognose der Bitkom darauf schließen lässt, dass es bereits im Jahr 2020 mehr als eine Million Smart Homes in Deutschland geben könnte, derzeit ist Digital Living für das Gros der Bevölkerung noch Zukunftsmusik. Der aktuelle Stand der Dinge darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass aus wirtschaftlicher Sicht ein ungeheures Potential im intelligenten Wohnen zu finden ist. Das sieht auch die Politik nicht anders: "Das Thema Smart Home und Living bietet große Chancen, Arbeitsplätze in den verschiedenen Bereichen der Gesundheitswirtschaft, des Handwerks und der IKT-Wirtschaft weiter auszubauen", so der baden-württembergische Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid. Das Land Baden-Württemberg beispielsweise fördert derzeit insgesamt vier Projekte, um das Innovationsnetzwerk weiter auszubauen.

Was die Möglichkeiten privater Förderung anbelangt, sind Mittel und Wege derzeit aber stark begrenzt. Der Freistaat Bayern beispielsweise fördert derzeit unter dem Projektnamen "Das 10.000-Häuser-Programm" Maßnahmen, die auf eine energetische Sanierung von Wohnimmobilien abzielen. Auch energieeffiziente Neubauten werden gefördert. Hierunter fiele schlussendlich auch Smart-Home-Technik wie beispielsweise die Umrüstung auf Photovoltaikanlagen, die mithilfe der Smart-Technik gesteuert werden. Eine weitere Möglichkeit der Finanzierung bietet zudem die KfW-Bank an. Um die Förderung zu erhalten, müssen Immobilienbesitzer eine barrierereduzierende Sanierung nachweisen können, beispielsweise für altersgerechtes Wohnen. Dies kann zum Beispiel umgesetzt werden, indem eine automatische Steuerung für Türen, Fenster, Rollläden, Ein- und Ausgänge mittels Smart-Home-Technik installiert wird.

Smart-Home-Technologie kann sich aber auch lohnen, soll ein Bauvorhaben oder der Kauf einer Immobilie über einen Privatkredit realisiert werden. Nicht nur, dass im Zuge der persönlichen Finanzierungskalkulation Smart-Home-Immobilien den Kostenfaktor Energieverbrauch reduzieren, sie vereinfachen auch die Einhaltung der seit 2016 novellierten Energieeinsparverordnung, der zufolge Bauprojekte im Schnitt um 25 Prozent energiesparsamer sein müssen als zuvor.

Aktuell leidet der Innovationsprozess unter anderem an eher vermeidbaren Barrieren. Denn weder Häuslebauer, noch Architekten finden Anlaufstellen, um sich über Technik und Möglichkeiten der Smart-Home-Technologie zu informieren, obgleich sich stetig neue Smart-Home-Initiativen in Deutschland herausbilden, die Aufklärungsarbeit zu leisten versuchen. Allerdings besteht nicht nur für Privatanwender Aufklärungsbedarf. Auch Unternehmen tun gut daran, den aktuellen Immobilientrend Smart Home nicht zu verschlafen. Denn teils bestehen Vermarktungspotentiale in Marktsegmenten, die nicht auf den ersten Blick ersichtlich sind. Konkrete Zahlen über das Marktvolumen sind derzeit noch nicht verfügbar, wer bedenkt, dass neben den Komponentenherstellern auch Installateure, Netzbetreiber, die Sicherheitstechnik- sowie Konsumelektronik-Branche bis zu Dienstleistungsunternehmen aus dem Gesundheits- und Pflegewesen am Zukunftsmodell Smart Living partizipieren können, der vermag sich auszumalen, welch wirtschaftliche Wertschöpfungskraft das intelligente Wohnen mitbringt.

Ein sicherlich nicht zu unterschätzender Aspekt der zukunftsorientierten Technologie ist das Thema Sicherheit und Privatsphäre. Sind Kühlschrank, Heizung und Co. vernetzt und werden diese digital gesteuert, bieten sie auch Angriffsflächen für Cyber-Kriminalität. Im öffentlichen Raum eingesetzte Smart-Technologie wiederum erleichtert beispielsweise die Konzeption von Bewegungsprofilen. Bezüglich des Datenschutzes bleiben die zahlreichen Anbieter von Smart-Home-Technologien bislang jedoch Rede und Antwort schuldig. Gründe zur Panik gibt es derzeit gewiss noch nicht, aber Hersteller sollten dem Innovationsdruck nicht erliegen und das Thema Sicherheit ernster nehmen als bisher. Denn die Geschehnisse der Vergangenheit haben gezeigt, dass den Menschen ihre Privatsphäre noch teurer ist als moderne Technik und Komfort.

 

Quellen:

http://www.elektronikpraxis.vogel.de/iot/articles/509966/?cmp=nl-95

http://www.finanztreff.de/news/smart-home---ein-boomender-markt-in-den-naechsten-jahren/10862840

03.11.2015 | 10090 Aufrufe

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