Lang ist's her, im alten Rom war's, da war das „stille Örtchen“ eines genau nicht: still. Es wurde geschwatzt, getratscht, auch verhandelt (daher die Rede vom „kleinen Geschäft“). Dann kamen die Tabus, mit ihnen verschlossene Türen und öfter mal ein genervtes „Besetzt!“. Aber auch das geht vorüber. sagen die Trendforscher.

Immer ist er gefragt, wenn es darum geht, wie wir alle in ein paar Jahren ticken werden. Nicht dass Trendforscher Andreas Steinle einen direkten Draht in die Zukunft hätte. Vielmehr beruft sich der 43-jährige Leiter des Frankfurter Zukunftsinstituts auf eigens erhobene „Mega-Trends“. Die liefern schon mal Indizien, wohin die Reise geht.

Neue Lebensentwürfe
Drei Entwicklungen, die laut Steinle auf dem einst so geschäftigen Örtchen „mega“ im Trend sind, tragen die Namen „Female Shift“, „Silver Society“ und, ganz nüchtern, „Gesundheit“. Salopp gesagt: Die Welt liegt immer mehr in Frauenhänden, der Seniorenanteil nimmt zu, und Gesundsein bzw. -bleiben geht über alles. Das äussert sich dann zum Beispiel so: Männer bleiben anstelle ihrer gut verdienenden Frauen zu Hause und Pensionäre denken nicht daran, sich in den Ruhestand zurückzuziehen, sondern definieren den Begriff „Lebenserwartung“ neu: Nicht nur länger, auch aktiver und genussvoller kosten sie die dritte Lebensphase aus.

Häusliche Schaltzentrale
All das ist hinlänglich bekannt – und bringt in den eigenen vier Wänden einiges in Bewegung. Steinle: „Es ist eine Entwicklung im Gang, bei der sich die festen Funktionen der einzelnen Wohnräume auflösen. Das Paradebeispiel dafür ist die Küche, die als Homeoffice genutzt wird.“ Aber auch das Badezimmer hält sich nicht zurück. „Aus ihm ist ein seelischer Regenerationsort geworden.“ Andreas Steinle wäre kein Trendforscher, wenn er es bei dieser einen Zukunftsaussicht beliesse: „Umfragen* zeigen, dass das Badezimmer ambivalent beurteilt wird. Es dient nicht ausschliesslich als Rückzugsort, an dem man die Sorgen des Alltags zurücklässt, sondern auch mehr und mehr als Ort der Interaktion.“ Keine Zeit für einen gemeinsamen Morgenkaffee? Im Badezimmer kreuzen sich die Wege allemal: schnell noch den Tag besprechen, Wetterbericht und Staumeldungen abfragen – und los geht's.

Wiederentdeckung des Wassers
Kein besserer Ort, um das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Im Badezimmer von heute (und mehr noch in jenem von morgen) finden einander Gesundheitscheck und Kerzenromantik, Wlan und Verwöhnprogramm. Der gemeinsame Nenner ist das Wasser, die natürlichste Sache der Welt. Eine logische Entwicklung. So sieht es auch Trendforscher Steinle: „Nichts ist so effektiv und sanft wie die Reinigung mit Wasser. Das liegt zwar auf der Hand, aber der Mensch scheint das zwischenzeitlich vergessen zu haben.“

Megatrend Gesundheit

Kaum ein anderer Trend steht so sehr im Zentrum des gesellschaftlichen Wandels wie der Megatrend Gesundheit. Vor dem Hintergrund steigenden Wohlstands und einer alternden Gesellschaft rückt die Gesunderhaltung an die Spitze der kollektiven Aufmerksamkeit. Das gilt sowohl für den Einzelnen aus seiner individuellen Perspektive heraus als auch für die Gesellschaft insgesamt. Letztere können ihre Sozialsysteme und Wettbewerbsfähigkeit nur dann aufrechterhalten, wenn ihre Bürger lange gesund bleiben und angesichts einer schrumpfenden Zahl von Erwerbstätigen auch im höheren Alter noch arbeitsfähig sind. Dieses nationale Interesse deckt sich durchaus mit dem privaten Anspruch, sich durch eine gute Gesundheit hohe Frei- heitsgrade zu erhalten. Denn wer gesund ist, hat mehr Möglichkeiten, mehr Optionen: um eine neue Partnerschaft einzugehen, ein Unternehmen zu gründen oder um die Welt zu reisen. Der Megatrend Gesundheit geht Hand in Hand mit dem Megatrend Individualisierung.

Das Badezimmer ist das Einfallstor fürs häusliche Self-Tracking

Es ist naheliegend, schließlich beschäftigt man sich hier mit dem Körper besonders intensiv. Für all jene, die sich nicht nur wiegen, sondern umfassendes Gewichts- management praktizieren wollen, gibt es jetzt die digitale Personenwaage Black.

withingswithings

Wifi Body Scale. Die Wage kann bis zu acht verschiedene Personenprofile abspeichern und hat eine automatische Personener- kennung. Gemessen werden zudem nicht nur Gewicht, sondern auch Körperfett und Body-Mass-Index. Dank einer integrierten WLAN-Verbindung lädt die Waage nach jedem Wiegevorgang automatisch Gewicht und Körperfettanteil hoch und gleicht sie mit früheren Ergebnissen ab. Mit Hilfe der kostenlosen Health Companion App von Withings kann man sich den Gewichtsver- lauf anzeigen lassen und sich selbst erreich- bare Ziele setzen oder die Ergebnisse ganz einfach auch mit Freunden auf Facebook und Twitter teilen. Die „Health Cloud“ von Withings ermöglicht eine nahtlose Integra- tion persönlicher Gesundheits- und Fitness- Apps. So kann der Nutzer selber wählen, was ihn am meisten motiviert, sein Gewicht zu optimieren.

Von der intelligenten Zahnbürste und Waage zum intelligenten WC ist der Weg nicht allzu weit. Die Gewöhnung sowie die Nutzung von Self-Tracking-Funktionalitäten werden in den kommenden Jahren stetig voranschrei- ten. So wie heute fast jedes neue Telefon ein Smartphone ist, wird es irgendwann kaum ein Alltagsprodukt geben, das nicht mit digitaler Intelligenz ausgestattet ist. Ob wir immer diese Funktionalitäten nutzen, ist wiederum eine andere Frage. Der Zugang ist auch hier wieder der Spaß. Der Smiley, der von meiner Zahnbürste lächelt, macht diese zu einem sympathischen Alltagsfreund und nicht zur Cyber-Gouvernante. Die Art und Weise des Feedbacks entscheidet. Es muss positiv sein, soll es motivierend wirken. Mit der Selftracking-Zahnbürste wurde auf jeden Fall ein Samenkorn gesät. Insgesamt sind die Menschen für Innovationen im Badezimmer aufgeschlossen. So sagen 63 Prozent, dass sie für Neuerungen im Badezimmer offen sind. Und immerhin ein Drittel (33 Prozent) legt im Bad- und Sanitärbereich hohen Wert auf innovative Technik.

In vielen Studien wurde sich mit den Bedürfnissen einer alternden Gesellschaft beschäftigt. Alle kommen sie zu dem selben Schluss. Die jungen Alten von morgen wollen vor allem eines nicht: Produkte, die so aussehen, als richten sie sich an alte Menschen. Im Gegenteil: Im Fokus der Be- gehrlichkeit stehen Produkte, die Jugend- lichkeit vermitteln, weil sie innovativ sind, optisch gut aussehen und für den Lifestyle der Zeit stehen. Im Badezimmer lässt sich das deutlich an dem Erfolg von bodenebe- nen Duschen ablesen. Sie bieten – ganz klar – höheren Komfort, aber vor allem sehen sie schick aus, vermitteln eine räumliche Großzügigkeit und haben keinerlei Anklang eines „altengerechten“ Produkts.

Das Badezimmer der Zukunft orientiert sich nicht an dem Bild einer vergreisten Nation, sondern an der Selbstdefinition einer Silver Generation, die sich nach Verjüngung sehnt und diese lebt. Verjüngung bedeutet dabei nicht die Negierung des Alterns, sondern einen neuen Umgang damit. Dies führt auch zu neuen Verhaltensformen. So ist beispiels- weise der Mythos der sexuell inaktiven Großeltern längst überholt. Zum Selbst- verständnis dieser Generation gehört Sex ebenso dazu wie die Teilnahme an einem Marathon. Denn: Wie sportliche Aktivitäten fördert auch das lustvolle Ausleben von Se- xualität das Gefühl, jung geblieben zu sein. Erfindungen wie Viagra haben in starkem Maße zu dieser Entwicklung beigetragen.

Kiwi Short: The Toilets of the Future...Today from Russ Roca on Vimeo.

Sicherlich trägt die Positionierung des Dusch-WC als sexueller Jungbrunnen alleine nicht. Doch es handelt sich um einen interessanten Anknüpfungspunkt, der auf indirekte Weise in der Kommunikation anklingen kann. Zum Beispiel indem im Bad/WC nicht eine Person allein, sondern Paare zu sehen sind. Bei einer zunehmenden Verschmelzung des Schlaf- und Badbereichs wird in Zukunft auf jeden Fall auch die Lust stärker ins Badezimmer Einzug halten. Die- se Bedeutungsverschiebung des Badezim- mers hat ohne Zweifel Auswirkungen auf die Rolle der Toilette. Sie wird sich künftig immer mehr an eine Generation anpassen, die sich in ihrem Selbstbild der Verjüngung nach einer Verschmelzung von Hygiene, Gesundheit, Lust und Wellness wiederfin- det. Neben den genannten Aspekten gibt es jedoch noch sehr viel fundamentalere Hintergründe, die für oder gegen die Durch- setzung des Dusch-WCs sprechen und im Gesetz der Technolution liegen. Technologi- sche Entwicklungen folgen eigenen evoluti- onären Prinzipien, die im Folgenden näher beleuchtet werden.

13.01.2015 | 11810 Aufrufe

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