Welche Herausforderungen bringt ein digitales Cockpit mit sich? Was müssen Automotive-Prozessoren in Zukunft leisten und wie werden traditionelle Architekturen neu definiert?

 

 

 

Zu den aufregendsten Aspekten im Automobilgeschäft gehört das ständig wachsende Tempo, mit dem die Fähigkeiten und Features, die den Autofahrern und ihren Mitfahrern geboten werden, zahlreicher werden – ermöglicht durch den zunehmenden Einsatz von Computertechnik. Automobilentwickler haben alle ein ganz einfaches Ziel: Sie wollen Autos entwickeln, die umweltfreundlicher und sicherer sind, mehr Konnektivität bieten und mehr Spaß machen.

Abgesehen von den Megatrends auf dem Markt gibt es auch funktionale Veränderungen. Zunächst werden die Entwicklungszyklen immer kürzer, doch auch die Fahrzeuge selbst durchlaufen entscheidende Weiterentwicklungen mit der zügigen Einführung von Technik, die verbesserte Infotainment- und Konnektivitäts-Möglichkeiten bietet, mit automatisiertem Fahren und Sicherheits-Features sowie alternativen Energien. Features, die durch fortschrittliche Elektronik und Software ermöglicht werden, entwickeln sich zu „Must-Have“-Ausstattungen und wichtigen Alleinstellungsmerkmalen. Umfang und Komplexität der Datenverarbeitung in den Fahrzeugen haben in nur wenigen Jahren um eine ganze Größenordnung zugenommen.

 

Neuere Marktstudien belegen, dass sich die Kaufanreize für Autos in den zurückliegenden wenigen Jahren entscheidend verändert haben, was das gesteigerte Interesse der Konsumenten an neuen Techniken unterstreicht. Zu diesen neuen Techniken gehört der ‚vernetzte Lebensstil‘ im Cockpit, die Möglichkeit zur Individualisierung der Armaturentafel und ein sichereres Fahrerlebnis. Diese Markttrends lassen das erhöhte Tempo der technologischen Entwicklung im Auto erkennen. Im Durchschnitt werden im Jahr 2018 Halbleiter im Wert von 362 US-Dollar verbaut (2014: 334 US-Dollar).

 

Automotive-Prozessoren sind zu einem elementaren Wegbereiter für immer intelligentere, sicherere und besser vernetzte Autos geworden. Tatsächlich existiert ein direkter Zusammenhang zwischen der Fähigkeit eines OEM (Original Equipment Manufacturer), die von den Kunden am meisten gewünschten Features in neuen Autos zu unterstützen, und den Fähigkeiten der Automotive-Prozessoren. Bei diesen Fähigkeiten der Automotive-Prozessoren handelt es sich unter anderem um:

  • Integration von Automotive-Features und Softwareplattformen mit dem Ziel, den Aufwand an elektronischen Bauteilen zu optimieren.
  • Bereitstellung einer heterogenen Architektur im Interesse eines Optimums an Nebenläufigkeit, Security, Stromverbrauch und Performance für neue Anwendungsfälle im Automotive-Bereich.
  • Differenzierung mithilfe von Bild-, Signal- und Sichtverarbeitungs-Fähigkeiten.

Die Automobilindustrie hat große Schritte unternommen, um das reizvolle Ziel zu erreichen, vernetzte IVI-Systeme (In-Vehicle Infotainment), rekonfigurierbare digitale Cluster und eine ganze Reihe von Technologien, die sich in der Kategorie „informierende Fahrassistenzsysteme“ zusammenfassen lassen, in einem einzigen elektronischen Steuergerät (Electronic Control Unit, ECU) zusammenzufassen, um ein sichereres und einzigartiges Fahrerlebnis zu bieten. Texas Instruments (TI) hat mehr als ein Jahrzehnt in „Jacinto“ Automotive-Prozessoren sowie die vielen analogen Companion Chips investiert, die diesen Trend unterstützen.

 

Die für die Sicherheit und Robustheit des Autos konzipierten Automotive-Prozessoren des Typs „Jacinto 6“ von TI sind ein erster Schritt in dem Bemühen, die traditionelle Architektur von Infotainment-Prozessoren neu zu definieren. „Jacinto 6“-Bausteine integrieren mehr Features in den Prozessor, ohne Abstriche an der Leistungsfähigkeit zu machen, und ebnen so den Weg zu einer beispiellosen Nutzererfahrung an Bord des Fahrzeugs. Der „Jacinto 6“ ergänzt die traditionellen IVI-Features durch mehr Echtzeit-Datenverarbeitungs-Fähigkeiten und sorgt damit auf folgende Weise für ein aufgewertetes Fahrerlebnis:

  • Stärkung der DSP- (digital Signalverarbeitung) und Bildverarbeitungs-Einheiten.
  • Einführung des InfoADAS Software Development Kit (SDK), das ein für den Automotive-Einsatz taugliches Gerüst zur Integration von ADAS-Algorithmen in das Infotainment-SDK mitbringt.

Um das Konzept des InfoADAS und des integrierten digitalen Cockpits auf die nächste Stufe zu heben, implementierte TI anlässlich der Consumer Electronics Shows (CES) der Jahre 2015, 2016 und 2017 Demonstrationen realer Systeme, die auf jeweils einem „Jacinto 6“ liefen. Wir wiesen dabei nach, dass die einzigartige heterogene Architektur des „Jacinto 6“ skalierbar ist und mehrere Cockpit-Applikationen unterstützen kann – darunter auch solche, die nach funktionaler Sicherheit verlangen, wie etwa rekonfigurierbare digitale Cluster. So wird die erforderliche Performance mit Features wie Fast Boot, High-Level Operating System (HLOS), separiertes Safety OS und Fahrzeugstack-Integration zu optimalen Systemkosten umgesetzt.

 

 

Software gehört nicht nur zu den größten Investitionsposten für Tier-1-Hersteller und -OEMs, sondern ist auch der Eckpfeiler für Alleinstellungsmerkmale. Vor diesem Hintergrund ergänzt die „Jacinto 6 Plus“-Architektur von TI die robuste und bewährte „Jacinto 6“-Architektur durch leistungsfähigere Cores und zusätzliche Features. Diese Kombination kommt den Zielsetzungen von TI entgegen, einerseits die existierenden Software-Investitionen zu schützen und andererseits dem in der Industrie herrschenden Trend zu vermehrter Integration nachzukommen, ohne Kompromisse an der Leistungsfähigkeit und der Markteinführungszeit zu verlangen. Zur Skalierbarkeit des „Jacinto 6 Plus“:

  • Sie erleichtert die Wiederverwendung vorhandener Hard- und Software, wobei sich die notwendigen Änderungen auf System-Upgrades beschränken, um externe Kameras anzubinden und zusätzliche Displays mit den Prozessoren zu verbinden.
  • Sie ermöglicht Head-Unit-Features und künftige Analyse- und Bildmanipulations-Funktionen sowie Fähigkeiten für mehrere Bereiche und Betriebssysteme.
  • Sie gibt Ihnen die Möglichkeit, für den Infotainment-, Fahrzeug- und Fahrer-Bereich mehr Features in einem einzigen System-on-Chip (SoC) zu integrieren – kombiniert mit einer robusten Hypervisor-Implementierung, die das Teilen mehrerer virtueller Maschinen und GPUs (Graphics Processor Unit) unterstützt.
  • Sie ermöglicht eine kürzere Markteinführungszeit durch die Nutzung der robusten, bewährten Architektur des „Jacinto 6“ einschließlich DSP- und EVE-Beschleunigern (Embedded Vision Engine).
  • Sie unterstützt die Innovation zu niedrigeren Kosten durch die Integration mehrerer neuer Internet-Protokolle (IP), darunter Raw Camera Image Signal Processor- (ISP) und Camera Serial Interface (CSI)-2-Ports sowie Controller Area Network-Flexible Data Rate (CAN-FD). Dies ermöglicht die Senkung des Aufwands an elektronischen Bauelementen und unterstützt die kommende Interface-Generation.

„Jacinto 6 Plus“-SoCs beruhen auf einer Dual-Package-Strategie. Bestehende „Jacinto 6“-Kunden können problemlos ihre aktuelle Hardware aufrüsten und den System-Bauteileaufwand optimieren, während sie Kameras und Surround-View-Funktionen mit minimalen Auswirkungen auf die Hardware einbinden, oder sie nutzen in vollem Umfang die Fähigkeiten und die Leistungsfähigkeit des „Jacinto 6 Plus“ für Head-up-Displays (HUDs) mit AR-Fähigkeit (Augmented Reality). Das „Jacinto 6 Plus“-SoC ist außerdem die bevorzugte Lösung für Designer, die bisher noch nicht mit der „Jacinto 6“-Plattform gearbeitet haben und eine zuverlässige, robuste und bewährte Technologie für das Design digitaler Cockpitsysteme wünschen, ohne hinsichtlich der Markteinführungszeit einen Rückschritt machen zu müssen. Möglich ist dies dank der ausgereiften Hard- und Softwareumgebung und der Reichhaltigkeit des „Jacinto“-Ökosystems.

  • Schon bald werden sich die Autofahrer nicht mehr nur auf traditionelle Instrumentencluster und die Mittelkonsole verlassen, um verlässliche Fahrzeug- und Sicherheitsinformationen zu bekommen und auf Medien und Landkarten zuzugreifen. Vielmehr werden sie auch die folgenden weiteren Lösungen erwarten:
  • Komplexere Inhalte wie etwa umfangreiche Auswahl an Medien von beliebigen Quellen, 3D-Navigation, ADAS- und AR-Ansichten mit der Fähigkeit zum Morphing von Größe, Form und Farbe abhängig von der jeweils anstehenden Aufgabe. All dies in hoher Auflösung eingeblendet in mehrere Displays.
  • Ergonomie, um sich vermehrt auf das Verkehrsgeschehen konzentrieren zu können, darunter beispielsweise die HUD-Technik zur Darstellung wichtiger Fahrinformationen direkt im Sichtfeld.
  • Relevante Informationen und Sicherheits-Inhalte für die jeweilige Fahrsituation, dargestellt in der Mitte des Sichtfelds, um den Weg für das autonome Fahren zu ebnen.

Jede neue Technik, die OEMs einzusetzen beabsichtigen, muss einerseits den Qualitäts- und Zuverlässigkeitsnormen des Automobilbereichs entsprechen (z. B. AECQ100, ISO 26262, ASIL-B usw.) und andererseits strikten Budgevorgaben gerecht werden. Parallel dazu werden die Autofahrer bestrebt sein, für weniger Geld mehr zu bekommen. Eine vermehrte Wahrnehmung des Straßenzustands und die Überwachung eines jeden Winkels im Fahrzeug werden zum Standard werden – ebenso wie eine reichhaltigere Nutzererfahrung durch die Übertragung der immer stärker vernetzten Lebensstile auf das Cockpit.

 

 

Diese Anforderungen werden die Notwendigkeit der ECU-Integration verstärken, um die ab einem gewissen Punkt kein Weg mehr herumführt, wenn man die gewünschten Features zu vertretbaren Kosten implementieren will. Ein speziell hergestelltes SoC, das die Automotive-typischen Qualifikations- und Sicherheitsanforderungen erfüllt, ermöglicht nicht nur skalierbare Software und mehr Effizienz bei der Forschung und Entwicklung, sondern sorgt auch für die notwendige Performance und Differenzierung, die immer mehr Bedeutung dafür bekommt, die Markttrends in der Automobilindustrie zu unterstützen. Die wirkliche Herausforderung wird nicht einfach nur darin bestehen, auf einem Universal-Mikroprozessor mehr Dhrystone-MIPS (Million Instructions Per Second) und auf einer GPU mehr Giga Floating-Point Operations Per Second (GFLOPS) zu erreichen oder verbesserte Multimedia-Fähigkeiten zu erzielen, sondern das richtige Gleichgewicht zwischen diesen Eckdaten und folgenden Punkten zu finden:

  • Unterstützung für komplexe Anwendungsfälle mit Fähigkeiten für mehrere Betriebssysteme, mehrere Bereiche und mehrere Displays.
  • Erreichen der notwendigen Isolation zwischen den Bereichen gemäß den verschiedenen Automotive Safety Integrity Levels (ASILs) und Sicherheitsanforderungen.
  • Sichtanalyse-Fähigkeiten von SoCs, die auf ein und derselben Softwareplattform vom Einstiegs- bis zum Premium-Niveau skalierbar sein müssen.

Damit diese Kombination erreichbar ist, bedarf es nicht nur einfach einer Anhebung der Performance des Bausteins. Gefragt sind vielmehr neu definierte, angepasste Architekturen zur Unterstützung der immer anspruchsvoller werdenden Anwendungsfälle im integrierten digitalen Cockpit. Diese Anforderungen werden in die Vision und die Strategie von TI eingebunden, um die Zukunft der SoC-Bausteine für das digitale Auto-Cockpit zu gestalten.

 

Quelle: Elektropraxis – next-mobility.news

19.03.2018 | 57456 Aufrufe

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