Ich werde recht oft bei Vorträgen oder Podiumsdiskussionen gefragt, wie die Zukunft des Automobils oder der gesamten Automobilbranche aussieht. Für mich ist diese Frage immer sehr schwer zu beantworten, da ich keine Glaskugel besitze und nicht in die Zukunft sehen kann. Ich möchte aber behaupten, dass Fahrzeuge in zwanzig oder dreißig Jahren nicht mehr so aussehen wie heute. Der Elektroantrieb oder der Brennstoffzellenantrieb werden sich sicherlich durchgesetzt haben, Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor werden die Ausnahme bleiben.
Auch wird sich etwas an der Form der Fahrzeuge geändert haben. Wir werden bewusster mit den uns zur Verfügung stehenden Werkzeug Automobil umgehen, die emotionale Aufladung des Pkw wird ein wenig zurückgehen. Und die Fahrzeuge der Zukunft werden definitiv andere Maße haben als die heutigen. Einen ersten Vorgeschmack auf diese Entwicklung gab das einklappbare Elektrofahrzeug, welches von der Changing Places Group am MIT und DENOKINN gemeinsam entwickelt wurde.
Der kompakte elektrisch angetriebene Zweisitzer ist für die Fahrt in der Stadt gedacht. Bei beengten Platzverhältnissen kann die Fahrzeugfläche verringert werden, indem sich die Hinterachse unter die Fahrerkabine schiebt und diese in aufrechte Position gedrückt wird. Im ausgeklappten Zustand misst das Fahrzeug 2,5 Meter Länge, im Parkmodus verringert sich die Länge auf gut 1,5 Meter. Ein- und Ausstieg erfolgen von vorne. Im Vergleich zum Smart Fortwo ist der Hiriko Fold etwa 20 Zentimeter kürzer.
Die Räder können um bis zu 80 Grad geschwenkt werden, sodass sich das Fahrzeug auf der Stelle um die eigene Achse drehen kann. Dadurch wird das Einparken am Straßenrand komfortabler und ist mit weniger Rangieren zu bewerkstelligen. Der Hiriko Fold benötigt etwa ein Drittel der Fläche, die ein normales Fahrzeug benötigt.
In den Rädern befinden sich jeweils ein Elektromotor mit 14,7 KW (20 PS), die Federung, die Bremsanlage und die Lenkung. Durch Drive-by-Wire benötigen die Räder nur eine Daten-, Energie- und mechanische Verbindung zum Fahrzeugchassis. Die Batteriepacks werden geleast und speichern Energie für 100 Kilometer Reichweite. Die Lithium-Ionen-Batterien sollen nur 15 Minuten zum vollständigen Aufladen benötigen. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt 50 km/h. Das Leergewicht beträgt um die 500 Kilogramm.
Der Hiriko Fold ist die kommerzielle Anwendung des CityCar-Projekts des M.I.T. Die anfängliche Förderung durch General Motors endete 2008. Der ursprüngliche Ideengeber, Prof. William J. Mitchell, starb im Jahr 2010. Das Projekt wurde im Anschluss von Prof. Kent Larson geleitet. Die Fertigung verantwortete der Belgier Armando Gaspar, der zuvor bei Daimler beschäftigt war.
Um das Fahrzeug bauen zu können, schlossen sich hauptsächlich spanische Unternehmen zu einem Konsortium zusammen. An diesem waren die folgenden Unternehmen beteiligt: Guardian (Glaskomponenten), Maser-Mic (Elektrotechnik / Mechatronik), FORGING PRODUCTS (Aluminiumchassis), tmarakistain (tragende Elemente und Fronttüren), SAPA PLACENCIA (elektrischer und mechanischer Antrieb), ingeinnova (Fertigung) und BRW – BASQUE ROBOT WHEELS (Reifen und Lenkung).
Hiriko Fold auf Testfahrt in Vitoria-Gasteiz
Die Geschichte des Scheiterns
Im Jahr 2012 wurde der Hiriko Fold vom damaligen EU-Kommissionspräsident José Manuel Durão Barroso als Möglichkeit gefeiert, der in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise am Boden liegenden spanischen Industrie neue Impulse zu geben. 16 Monate später stand das Konsortium vor dem Kollaps. Kein einziges Fahrzeug sollte in Serie gefertigt werden. Dafür wurden Millionen Euro Steuermittel wortwörtlich verschwendet.
Die spanische Regierung förderte das Vorhaben mit 14,7 Millionen Euro, die baskische Regionalregierung mit weiteren 2,7 Millionen Euro. Ein Geflecht aus undurchsichtigen Verträgen und sechs Geschäftsmännern, die Subunternehmen ohne Mitarbeitern Aufträge zuspielten oder das Unternehmen zu marktunüblich hohen Mieten in eigenen Geschäftsräumen einquartierten, trugen jedoch zum Scheitern bei.
Auf dem Papier sollten pro Jahr 24.000 – 60.000 Fahrzeuge produziert und ein Umsatz von etwa 720 Millionen Euro erreicht werden. 6.000 neue Arbeitsplätze sollten entstehen, nun sind vor allem die Gerichte mit der Aufarbeitung des Falles beschäftigt.
Die Geschäftsführung verweist auf das schwierige Marktumfeld und die Wirtschaftskrise, namentlich nicht genannte angestellte Ingenieure auf Inkompetenz, überzogene Planungen und Erwartungen sowie ein nicht funktionierendes Projektmanagement.
Von 20 geplanten Prototypen wurde nur einer gefertigt, ein weiterer zu Teilen fertiggestellt. Zwei von drei angemeldeten Patenten wurden aufgrund der hohen Kosten nie angewendet, der Prototyp in einer einfacheren Variante gebaut.
Aktualisierung – 24.10.2012
Die Deutsche Bahn wird den Hiriko Fold im Rahmen des Projektes BeMobility 2.0 des Innovationszentrum für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ) ab Herbst 2013 erproben. Das Fahrzeug soll 2014 in das DB-Carsharing-Angebot Flinkster aufgenommen werden.
Aktualisierung – 20.12.2012
Die beteiligten Unternehmen planen die Aufnahme der Serienfertigung für Frühjahr 2013. Der Hiriko Fold soll der Öffentlichkeit erstmals auf dem Genfer Auto-Salon (07.03 – 17.03.2013) vorgestellt werden.
Aktualisierung – 21.04.2015
Die Geschichte des Scheiterns
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