Lenken von Geisterhand ist gefragt

Die rasante Entwicklung verschiedenster Elektronikanwendungen macht auch vor der Landtechnik nicht halt. So werden auch in der Schweiz immer mehr Traktoren mit automatischen Lenksystemen eingesetzt.

Traktoren mit automatischen Lenksystemen trifft man längst nicht mehr nur in spezialisierten Betrieben wie Gemüsebetrieben an. Besonders im Ackerbau stellen automatische Lenkhilfen eine grosse Erleichterung dar. Der Fahrer kann so seine gesamte Aufmerksamkeit der eigentlichen Kernarbeit widmen, ohne sich nebenbei immer noch auf die gerade Spur konzentrieren zu müssen.

Ein RTK-Netz ermöglicht eine Spur-zu-Spur-Genauigkeit von mindestens +/– 2 cm. Auch in der Schweiz gibt es mehrere Anbieter von RTK-Netzen. (Bildquelle: zVg)

Automatische Lenksysteme (links) sind für die Traktorfahrer eine grosse Erleichterung. (Bildquelle: zVg)

 

Komplette Systemlösungen helfen sehr schnell, allfällige Servicemassnahmen zu ergreifen (Bildquelle: zVg)

 

Die Spur-zu-Spur-Genauigkeit am Bespiel Kartoffelanbau (Bildquelle: zVg)


Für die Nutzung von verschiedenen Lenkhilfen und Lenksystemen braucht es grundsätzlich immer drei Komponenten. Ein Korrektursignal, einen passenden Empfänger, um das Signal zu empfangen, und einen Bildschirm zur Anzeige der Lenkrichtung. Bei automatischen Lenksystemen braucht es zudem einen Lenkmotor oder einen kleinen Computer, welcher dem Traktor sagt, wo er durchfahren soll.

 

 

Korrektursignale

Korrektursignale werden durch die Berechnung der eigenen Position anhand verschiedener Satelliten und deren Entfernung berechnet. Das wohl bekannteste globale Navigationssystem ist das GPS des amerikanischen Verteidigungsministeriums. Dieses GPS-Signal ist jedoch nur für Strassennavigationen geeignet. Um einen Traktor zu steuern, sind genauere Signale notwendig, welche durch verschiedene Organisationen angeboten werden.

Je nach Genauigkeit sind die Korrektursignale kostenlos oder gebührenpflichtig. Für einfache Anwendungen wie das Ausbringen von Gülle, Mist oder Kunstdüngern reicht ein kostenloses Signal vollständig aus. Bei genaueren Anwendungen wie Bodenbearbeitung oder Grasmähen werden genauere Signale notwendig. Für die Aussaat oder Pflanzung von verschiedenen Kulturen wird eine wiederholbare Genauigkeit von mindestens +/– 2cm benötigt

 

 

Basisstation am Feldrand oder ein Netzwerk

Eine solche Genauigkeit kann nur mit RTK (Real Time Kinematic)-Signalen erreicht werden. Diese Signale werden entweder durch eine Basisstation am Feldrand oder ein Netzwerk korrigiert und via Funk oder Mobilnetz an den Empfänger geschickt. Verschiedene Schweizer Landtechnikunternehmungen sind dabei, eigene RTK-Netzwerke aufzubauen. Dank in der ganzen Schweiz verteilten, fest installierten Antennen kann so eine grosse Genauigkeit erreicht werden. 


Die Matra, Generalimporteur für John Deere Landmaschinen in der Schweiz, kann in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Landestopografie (swisstopo) das FarmNet anbieten. Auch die GVS Agrar kann mit dem GVSnet auf ein eigenes System zurückgreifen. Die Grunderco, Generalimporteur von New Holland, bietet das erst kürzlich vorgestellte New Holland RTK-Net an.

 

Empfänger und Antennen

Die Vielfalt bei Empfängern für Korrektursignale ist sehr gross. Angefangen bei winzig kleinen Modulen (nur Einfrequenzempfänger, wie sie im Handy eingebaut sind) gibt es alles bis hin zu komplexen Systemen mit Zweifrequenzempfänger und verschiedenen zusätzlichen Sensoren zum Ausgleich von Neigungen in Hanglagen. Entsprechend gross ist auch die Preisspanne, in welcher diese Empfänger angeboten werden.

Um eine Lenkhilfe nutzen zu können, muss dem Traktor oder dessen Fahrer auf irgendeine Weise angezeigt werden, in welche Richtung er lenken muss. Die Auswahl reicht von einfachen Lichtbalkensystemen bis hin zu sehr einfach bedienbaren Touchscreen-Bildschirmen mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten. Eine grosse Erleichterung für den Fahrer des Traktors stellen vor allem automatische Lenksysteme dar.

 

Verschiedene Systeme

Für ältere Traktoren werden spezielle Lenkräder mit integrierten Lenkmotoren angeboten, welche so die Lenkung des Traktors übernehmen. Bei neueren Traktoren greift ein spezielles Hydraulikventil direkt in die Lenkung des Traktors ein. Das Nachrüsten dieser Option ist grundsätzlich möglich, kostet aber relativ viel. Deshalb sollte beim Neukauf eines Traktors sicherlich sehr gut überlegt werden, dieses Ventil gleich mitzukaufen.

Eine weitere Anwendung von GPS-Systemen ist die Einzeldüsen- oder Reihenabschaltung. Diese Systeme sind besonders bei grossen Arbeitsbreiten von entsprechender Bedeutung. So können einerseits Hilfsstoffe eingespart werden, andererseits können bei sensiblen Pflanzenschutzmitteln Überlappungen vermieden werden. Am Markt werden dank der intensiven Entwicklungen in den letzten Jahren funktionstüchtige Systeme angeboten, mit welchen der Traktor und das Anbaugerät vollautomatisch wenden können.

 

Lösungen der Zukunft

Mit dem automatischen Lenken des Traktors ist jedoch noch lange nicht das volle Potenzial ausgeschöpft. So werden von international tätigen Landtechnikkonzernen wie Agco, Claas oder John Deere zunehmend auch komplette Managementlösungen angeboten. Diese helfen dem Betriebsleiter oder dem Lohnunternehmer, seine Traktoren effizienter einzusetzen. Zudem ist der Betriebsleiter dank innovativen Lösungen stets über den Standort seiner Traktoren und Erntemaschinen informiert. Diese Informationen können sogar von unterwegs mit dem Smartphone abgefragt werden.

Auch für die Landtechnikkonzerne selber stellen diese Systemlösungen sehr viele Informationen zur Verfügung. So können neuste Informationen über die Betriebszustände der Traktoren sofort in die Entwicklung einfliessen und andererseits auch sehr schnell allfällige Servicemassnahmen ergriffen werden. Dies kommt letztendlich wieder dem Landwirt zugute, welcher dadurch von weniger Ausfallzeiten profitieren kann.

 

Zum Autor

Tobias Daepp studiert an der HAFL in Zollikofen im 5. Semester Agronomie. In seiner Freizeit verbringt er viel Zeit im Lohnunternehmen seiner Eltern (agro-daepp.ch) in Arbon TG. Im Rahmen des Berufspraktikums setzte er sich bei der Matra in Lyss BE mit automatischen Lenksystemen auseinander. red

 

Mehr zu Precision Farming

Business Opportunities in Precision Farming: Will Big Data Feed The World In The Future ? -> Seite 4

 

 

Source

https://www.schweizerbauer.ch/landtechnik/neuheiten/lenken-von-geisterhand-ist-gefragt-13855.html

17.10.2015 | 10807 Aufrufe

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