Ein Frachtschiff, das überwiegend vom Wind angetrieben wird – damit will ein Norweger die Transportschifffahrt umweltfreundlicher machen.

Es sieht aus wie ein gigantisches Bügeleisen, das über die See gleitet. In der Animation teilt der 46 Meter hohe, fensterlose Koloss das Meer mit einer Eleganz, die zu seiner Masse in starkem Widerspruch steht. Dieses Schiff wird nicht von PS-starken, lärmenden Schwerölmotoren bewegt. Der Wind trägt es.
Auf hoher See profitiere sein Vindskip (Windschiff) von den Böen und verbrauche sehr viel weniger Energie als ein konventionelles, mit Schwer- oder Dieselöl betriebenes Schiff, so Erfinder Terje Lade: «Es braucht 60 Prozent weniger Kraftstoff und stösst 80 Prozent weniger Abgase aus.»
Damit das funktioniert, ist der Rumpf geformt wie ein Segel. «Der Wind wird in Antriebsenergie umgewandelt», so Lade. «Wie bei einem Flugzeug. Nur dass es nicht nach oben, sondern nach vorn getrieben wird.»
Optimale Route
Entscheidend allerdings ist, dass das Vindskip im optimalen Winkel zur Windrichtung segelt. Dafür sorgen Forscher des Fraunhofer-Centers für Maritime Logistik und Dienstleistungen (CML) in Hamburg. Sie haben ein massgeschneidertes Wetter-Programm entwickelt, das mit Hilfe von meteorologischen Daten die Route mit dem günstigsten Winkel zum Wind findet.
Mit Hilfe des Wetter-Routing-Moduls sollten möglichst wenig Brennstoff verbraucht und Kosten gesenkt werden. Denn teurer Treibstoff mache einen Grossteil der Kosten in der Schifffahrtindustrie aus, sagt Laura Walther vom CML. Ausserdem könne das Schiff auf diese Weise Stürmen aus dem Weg gehen, so Lade.
Der Prototyp, den Lade zunächst als Transporter für Autos konzipiert hat, soll mit seinen 18 Knoten genauso schnell sein wie ein konventionell angetriebenes Schiff. Damit der Frachter auch bei Windstille konstant seine Geschwindigkeit halten kann, ist er zusätzlich mit einem umweltfreundlichen Antrieb aus flüssigem Erdgas ausgestattet.

Über zwei Monate ohne Tanken
Aufgrund des geringen Verbrauchs könne das Vindskip bis zu 70 Tage ohne Tanken auskommen, schätzen die Experten vom CML. Damit erfülle das Schiff alle Anforderungen an die Wirtschaftlichkeit des Treibstoffverbrauchs sowie der Emissionsrichtlinien.
Das wird spätestens 2020 relevant, wenn die neuen Umweltauflagen der Internationalen Seeschifffahrts-Organisation (IMO) in Kraft treten. In bestimmten Gebieten dürfen Schiffe dann nur noch 0,1 Prozent Schwefel im Treibstoff haben. Doch der höherwertige Kraftstoff mit weniger Schwefel ist teurer als das bislang genutzte Schweröl.
Reedereien stünden vor der grossen Herausforderung, ihre Treibstoffkosten zu senken und zugleich die Emissionsrichtlinien einzuhalten, meinen die Hamburger Wissenschafter. Und hier sieht der Norweger Lade seine Chance: «Schwefel verunreinigt die See und belastet die Garnelen und Krabben. Es muss etwas geschehen.»
Stapellauf in vier Jahren
Beim dänischen Grossreeder Møller-Mærsk in Kopenhagen ist man skeptisch. «Wir glauben nicht, dass windbetriebene Systeme in der nahen Zukunft eine bedeutende Rolle in der Containerschifffahrt spielen werden», sagt die Chefin für Nachhaltigkeit, Signe Bruun Jensen.
Maersk habe mit dem Einsatz von zwei langsameren Motoren und zwei Propellern sowie einem erweiterten Abwärme-Rückgewinnungssystem gute Erfolge erzielt. Bei den Triple-E-Schiffen sei so die CO2-Effizienz um 50 Prozent pro Container verbessert worden.
Lade lässt sich davon nicht entmutigen. Denn mindestens eine Reederei will ihn unterstützen: die norwegische Firma Wilhelmsen. Für sein Schiff ist er optimistisch: «2019 stechen wir in See.»
http://www.20min.ch/wissen/news/story/13778733